Samstag, 19. Juni 2010

Baila, que al rey le gusta ;)


Der Wecker klingelt. Mist, ich habe ihn wohl vergessen auszuschalten, immerhin ist Samstag und ich kann endlich mal ausschlafen. 6.45 Uhr, es ist schon fast ganz hell. Na super, einschlafen kann ich jetzt bestimmt nicht mehr. Ich schalte das Klingeln aus und dreh mich um um weiter zu schlafen. Meine Augen werden immer schwerer... MIST, ich muss ja heute die Mädels vom Mädchenwohnheim zum Tanzen abholen. Ich springe auf, spute unter die Dusche und ziehe mich um.
Die Tanzschule in der ich seit 7 Monaten Salsa, Bachata und Merengue lerne hat mir nämlich angeboten mit den Mädchen jeden Samstag in das Tanztraining der Balletgruppe zu kommen. Für diese Jugendlichen im Alter von sechs bis 18 bedeutet das eine wirklich Ablenkung, weil sie zwar am Wochenende Besuch von ihren Eltern bekommen können, aber ansonsten nicht sehr viel Abwechslung haben. Alle Kinder, die dort aufgenommen werden habe schwerwiegende Probleme mit ihrer Familie, wurden körperlich, teilweise auch sexuell missbraucht, sind Drogen abhängig oder ihre Angehörigen sind beispielsweise von der Guerilla entführt worden. Man kann sich also vorstellen wie zuneigungsbedürftig diese Mädels sind. Michaela, mit der ich dort zusammen arbeite, und ich haben uns auf einige Mädchen geeinigt, die sich wirklich sehr gut benommen haben und sich sehr fürs Tanzen begeistern.
Nach der kalten Dusche setze ich mich mit Michaela in den Park und wir warten gemeinsam auf das Taxi, das uns und die Mädels zu der Tanzschule bringen soll. Nach einer halben Stunde taucht endlich auf, aber als wir im Hogar ankommen taucht die nächste Schwierigkeit auf. Es passen nicht alle in das Großraumtaxi. Ich schnappe mir zwei von den Älteren und rufe ein zusätzliches Taxi. Auch wenn das teurer wird als gedacht, sind Michi und ich uns einig, dass wir keinem der Mädchen die Möglichkeit nehmen möchten. Während ich mit den Zweien im Auto sitze bemerke ich ihr Strahlen auf den Gesichtern, sie kuscheln sich an mich und ich spüre ihre Herzen rasen. Nach meiner Nachfrage, was denn los sei, beichten sie mir, dass sie sehr aufgeregt seien, dass es etwas sehr besonderes wäre.

Endlich angekommen geht alles sehr schnell, etwas abseits fangen unsere Mädels an zu Tanzen und Michi und ich sind voll konzentriert dabei. Langsam nach und nach fangen sie an sich auch andere Freunde zu suchen und blühen richtig auf. Wir zwei hingegen kriegen fast Tränen in die Augen vor Stolz wie gut sie Tanzen und wie viel Spaß sie dabei haben. Die zwei Stunden Tanzunterricht gehen auch für uns unglaublich schnell vorbei und als die Kinder aufgefordert werden zum Schluss ihre Eltern in einen Kreis zu holen, kommen unsere Mädchen auf uns zu gestürmt und ziehen uns mit.


Lachend und scherzend bringen wir also diese Unterrichtseinheit zu ende und verlassen letztendlich glücklich die Tanzschule. Grade wollen wir die ganzen Mädchen wieder im Taxi verstauen, da ziehen mich zwei von ihnen am Arm. Fragend schaue ich sie an und bekomme zu hören: „ Ihr wisst gar nicht, was das für uns bedeutet, das war der schönste Samstag seit... seit... ich weiß nicht, vielleicht der schönste Samstag meines ganzen Lebens.“

Das war vor mehr als einem Monat. Die Mädchen haben unglaublich viel gelernt und sind immer noch sehr diszipliniert dabei. Mittlerweile haben wir einen Transport organisiert, der alle hin und zurück bringen kann, alte Kleider schwarz eingefärbt, weil sie eine schwarze Uniform brauchen und dafür, dass ich samstags mit unterrichte haben wir für jedes Mädchen ein Paar Tanzschuhe geschenkt bekommen.

Das bedeutet für mich zwar jeden Samstag früh aufstehen, von neun bis 14 Uhr mit sehr viel Geduld kleinen Knirpsen den Unterschied zwischen rechts und links zu erklären, aber wenn ich ehrlich bin, danke ich für jeden Tag, den ich mit diesen Menschen zusammenarbeiten kann, denn diese ehrlichen Lächeln und Worte sind viel mehr wert als jedes Geld.



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